dance me to the moon

Vol. 16

Ich überlasse es den Lesern, die zugrunde liegenden Denk- und Handlungsmuster selbst zu erschließen, während die nachfolgenden Zeilen eine Tanzstunde in der Retrospektive beschreiben. Sie steht unter dem Motto: Schlimmer geht immer! Und lässt mich mit dem Gedanken zurück: Tango, was stimmt nicht hier? 

Meine Tango-Tanzpartner-Erfahrung in dem Bundesland, wo ich zur Zeit lebe, changiert zwischen: Antonio, the absolute Beginner, Banderas, und Fred, die flotte Sohle, Astaire. Tja, was soll ich sagen… da bin ich also: Meine Erwartungshaltung mit meiner Erfahrung in Einklang zu bringen, scheitert jämmerlich. Vielleicht, weil mein Verstand die Erfahrung einfach nicht wahr haben will oder so.

Fred jedenfalls will’s wissen, könnte man sagen. Er hält mich fest. So fest, dass es mir nicht nur buchstäblich, sondern auch wortwörtlich den Atem raubt. Atemlos durch den Tanzsaal, fühle ich mich wie ein joggendes Bügelbrett im Versuch, Schritt zu halten. Nur der Vollständigkeit-halber sei angemerkt: Es ist mir nicht gelungen. Im Bemühen, mit Fred Schritt zu halten, ziehe ich zwischenzeitlich ernsthaft in Erwägung, meine Tanzschuhe mit Stahlkappen auszustatten; quasi in the army now. Und ja, wir reden immer noch vom Tango. Fred tanzt nämlich gern schnell und mahnt mich – ganz väterlicher Freund – an, meine Beine halt einfach weiter nach hinten zu justieren, während ich beginne, so ne Art Verweigerungshaltung zu trainieren. Das wiederum ist mir recht gut gelungen. Inzwischen sehe ich vermutlich aus, wie ein einsatzbereites Schweizer Klapp-Taschenmesser in Korkenzieherstellung. Meine Augen sprechen sehr wahrscheinlich Bände.

Dazu muss man sagen: Fred ist beharrlich, hält mich offensichtlich für hilfsbedürftig, möglicherweise sogar für leicht begriffsstutzig. Jedenfalls lehrt er mich Tanz-Schritte; vorzugsweise gerne falsch. Meine Begeisterung erschöpft oder vielmehr ersäuft sich zeitweise in verzweifelten Fluchtgedanken. Denn Fred, mit ordentlicher Angriffshaltung, basht beherzt über mich (oder vielmehr über das, was von mir noch übrig ist) hinweg, könnte man so meinen. Er zieht und reißt mich – die gut gemeinten Ratschläge der Tanzlehrer, nebst meiner Bitte, es vielleicht etwas langsamer anzugehen, leger in den Wind schlagend – über die Tanzfläche, als wäre ich ne Schaufensterpuppe. Das ist ebenso neu für mich, wie verstörend. Jenun. Er hat da halt so seine eigenen Vorstellungen vom Tanzen, respektive vom Tango oder so, vermute ich. Tja, was soll ich sagen?! Zufrieden – die kleine Schwester von deprimiert – bin ich mit diesem Kräfteparallelogramm-Erlebnis wahrlich nicht. Fred scheinbar schon. Sehr zu meiner Verwunderung. Aha! Warum nur muss ich an den Film Black Hawk down denken, während ich mich dabei wie ein zusammengeknülltes, nasses Handtuch in der Waschmaschine fühle: Ordentlich durchgeschleudert und schwer, den Blick in ein schwarzes Loch im Boden gerichtet.

Tango ist Gefühl, ist Leidenschaft, heißt es. Vom Augen schließen, Einlassen, Fühlen sind wir, Fred und ich, jedoch so weit entfernt, wie die Erde vom Mars. Die guten alten Zeiten, denke ich melancholisch, wahlweise fassungslos. Dabei ist das gerade mal zwei Jahre her, das ich ziemlich glücklich Ginger Rogers mäßig beim Tango tanzen über die Tanzfläche geschwebt bin. Aber, hej, die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es und das lässt mich zumindest optimistisch in die Zukunft blicken. 


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